Menschen, die ihren Dispo für bestimmte Produkte überziehen, überschätzen das Potenzial ihrer Errungenschaften.
Sind Menschen, die mehr kaufen, als sie sich leisten können, einfach nur gierig oder denken sie nicht an die Konsequenzen? Diese Frage beschäftigte ein Forscherteam von der Universität von Missouri. Sie fanden heraus, dass Personen, die sich für ein Produkt verschulden, dessen Wert weitaus höher einschätzen, als solche, die „flüssig“ waren und sich die Produkte leisten konnten.
Gibt man also Geld für Dinge aus, die man sich eigentlich nicht leisten kann, müssen sie folglich besondere Wirkung zeigen - das scheint die verbreitete Ansicht zu sein. Viele der Pleitegeier meinen, dass die Käufe ihre Lebensqualität verbessern, resümiert Marketing-Professorin Marsha Richins.
Solche Annahmen sind zwar in den Augen der Forscherin absolut abwegig, stellen jedoch gleichzeitig starke Kaufargumente. Richins entlarvt als Ergebnis ihrer Studie vier Erwartungshaltungen von Konsumenten:
- Produkte verändern das Fremd- und Selbstbild: Gerade junge Leute bringen durch den Kauf einer bestimmten Marke die Zugehörigkeit zu einer Peer Group zum Ausdruck
- Viele Konsumenten meinen, Produkte könnten ihre Beziehungen zu anderen Menschen verbessern
- Produkte würden mehr Spaß ins Leben bringen
- Und andere meinen sogar, bestimmte Produkte würden sie selbstbewusster machen
Je höher die Erwartungen an ein Produkt sind, desto freigiebiger überziehen Kunden ihren Kreditrahmen. Bestimmte Shoppingrelikte führen sogar zu einer kurzfristigen Verbesserung der Situation, erfüllen jedoch langfristig nicht die Erwartungen der Käufer.
Der psychologische Mechanismus hinter solchen Einkäufen erklärt sich aus unbewusst ablaufenden Prozessen: In der Produktwerbung werden häufig unrealistische Versprechungen gemacht, die implizit wirken. Daraufhin ignoriert ein Kunde sein Sicherheitsbedürfnis – kauft das Produkt und verschuldet sich damit. Zu Bewusstsein kommt er – im wahrsten Sinne des Wortes – häufig erst, wenn der Kreditrahmen erschöpft ist.
Dieser Mechanismus wirkt aber nur bei Produkten, deren Unternehmen im Vorfeld viel an ihrer Positionierung gearbeitet haben. Nur wenn diese sehr stark und authentisch ist, assoziieren Kunden Marken mit bestimmten Eigenschaften. Bevor Kunden Erwartungen an eine Marke hegen, die über den eigentlichen Produktnutzen hinausgehen, muss von Unternehmerseite erst definiert werden, wofür die Marke steht. Auf diesem Weg kann ein Produkt zu einem Lückenfüller für unerfüllte Wünsche ideeller Art werden.